Sonntag, 21. Juli 2013

Antrag: Anhang: 2. Die Rechtsprechung zu § 1 a AsylbLG


2. Die Rechtsprechung zu § 1 a AsylbLG

Dieser verfassungsrechtlichen Argumentation sind infolge der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 nicht nur Teile der Literatur,

vgl. Classen/Kanalan, Verfassungsmäßigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes, in: info also 06/2010, S. 243 – 249,

sondern auch eine Reihe von Sozialgerichten und Landessozialgerichten gefolgt – im Bereich der Sanktionen im Asylbewerberleistungsgesetz (§ 1a AsylbLG).

Im Anschluss an das SG Altenburg, S 21 AY 3362/12 ER und das SG Lüneburg, S 26 AY 4/11, hat das Sozialgericht Düsseldorf am 19.11.2012 erkannt:

„Die nicht zu unterschreitende Grenze einer Anspruchseinschränkung ist [...] das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum gem. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG zur Führung eines menschenwürdigenden Lebens [...] Dies gilt ebenfalls für das soziokulturelle Existenzminimum.“ [Hervorh. d. Verf.]

SG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2012, S 17 AY 81/12 ER, juris Rn. 10.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat am 24.4.2013 ausgeführt, die nähere Charakterisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch das BVerfG erscheine „in einer Weise unmissverständlich und insbesondere vorbehalt- bzw. bedingungslos (vgl. o.), dass für Leistungsabsenkungen auf ein Niveau unterhalb von das Existenzminimum sichernden Leistungen kein Raum bleibt […] Denn bietet Art. 1 Abs. 1 i.Vm. Art. 20 Abs. 1 GG - so ausdrücklich das BVerfG (vgl. a.a.O. Rn. 90 und 129) - eine einheitliche grundrechtliche Garantie auf die zur Wahrung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen materiellen Voraussetzungen, so lässt dies keinen Raum für eine Reduzierung des Grundrechts auf einen Kernbereich der physischen Existenz. [...] Auch ein weiter Gestaltungsspielraums erlaubt jedoch nicht eine Leistungsgewährung unterhalb des vom Gesetzgeber selbst als derzeit anzuerkennen festgelegten Existenzminimums.“ [Hervorh. d. Verf.]

Landessozialgericht NRW, L 20 AY 153/12 B ER, 24.4.2013, Rn. 53 ff.

Eine beachtliche Anzahl von Sozial- und Landessozialgerichten wenden mittlerweile die Vorschrift des § 1a AsylbLG (Leistungskürzung aufgrund missbräuchlicher Einreise oder mangelnder Mitwirkung an aufenthaltsbeendenden Maßnahmen) – durch eine dort mögliche „verfassungskonforme Auslegung“ – de facto nicht mehr an. Einige geben bereits im einstweiligen Rechtsschutz (!) den Klägern Recht und halten eine Kürzung „nach § 1a AsylbLG auf ein Niveau unterhalb des Existenzminimums“ für unzulässig oder halten die Zulässigkeit zumindest für offen:

vgl. LSG NRW, L 20 AY 153/12 B ER, 24.4.2013, Rn. 45, 53 mit Verweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6.2.2013 - L 15 AY 2/13 B ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 13.12.2012 - S 26 AY 26/12; SG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2012 - S 17 AY 81/12 ER; SG Altenburg, Beschluss vom 11.10.2012 - S 21 AY 3362/12 ER; SG Köln, Beschluss vom 25.1.2013 - S 21 AY 6/13 ER; SG Leipzig, Beschluss vom 20.12.2012 - S 5 AY 55/12 ER; SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 21.1.2013 - S 32 AY 120/12; SG Magdeburg, Beschluss vom 24.1.2013 - S 22 AY 25/12 ER; SG Stade, Beschluss vom 28.1.2012 - S 19 AY 59/12 ER; SG Würzung, Beschluss vom 1.2.2013 - S 18 AY 1/13 ER.

 

1 Kommentar:

  1. Vorschlag: Urteile hinzufügen:
    LSG Bayern L 8 AY 4/12 B ER, B.v. 24.01.13
    [www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2541.pdf]
    SG Regensburg S 4 AY 5/12 ER, B.v. 13.12.12 [www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2520.pdf]
    LSG BE-BB L 15 AY 2/13 B ER, B.v. 06.02.13 [www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2537.pdf].

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