Samstag, 20. Juli 2013

Antrag: aa) Schutzpflicht zur Gewährleistung von Leben und körperlicher Unversehrtheit


aa) Schutzpflicht zur Gewährleistung von Leben und körperlicher Unversehrtheit

Wenn nämlich das Leben durch die Vorenthaltung lebensnotwendiger Mittel unmittelbar bedroht ist, ergibt sich aus dem Recht auf Leben ein Anspruch, vor dem Verhungern oder dem Erfrieren bewahrt zu werden, wenn die öffentliche Gewalt zurechenbar Kenntnis erlangt und sich ihr Handlungsmöglichkeiten bieten.

Vgl. Di Fabio – Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung 2013, Art. 2, Rn. 45; BVerwGE 1, 159 (161f.), 5, 27 (31).

So wie das Recht auf Leben den Staat verpflichtet, ggf. Schutzmaßnahmen für das menschliche Leben zu treffen, hat auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit eine Schutzpflichtendimension.

Vgl. Di Fabio – Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung 2013, Art. 2, Rn. 81.

Der Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit umfasst unter anderem die Freiheit vor Verletzung der körperlichen Gesundheit und vor Schmerzen. Maßstab ist eine Zustandsbetrachtung des Körpers vor und nach einer bestimmten Ursache.

Vgl. Di Fabio – Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung 2013, Art. 2, Rn. 55 f.

Zwar begründet das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG – anders als das unmittelbare Leistungsgrundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG – keine unmittelbaren Ansprüche des Einzelnen auf staatliche Leistungen oder auch nur auf eine im Allgemeinen angemessene Versorgung:

vgl. BVerwGE 1, 97 (104 f.); Di Fabio – Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung 2013, Art. 2, Rn. 94 f.

Doch hat das Bundesverfassungsgericht eine gewisse Schutzpflicht des Staates aus diesem Grundrecht gleichwohl anerkannt: Der objektivrechtliche Gehalt des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG enthalte die Pflicht des Staates, „sich schützend und fördernd vor die in Art. 2 Abs. 2 GG enthaltenen Rechtsgüter zu stellen“.

BVerfGE 56, 54 (73).

Demnach gibt es jedenfalls einen engen (Kern-)Bereich, in dem sich aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (ggf. in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip) auch Leistungsansprüche für die Gesundheitsversorgung ableiten lassen.

Vgl. Seewald, Gesundheit als Grundrecht, 1982, S. 86.

 

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