Mittwoch, 13. November 2013

Wer ist eigentlich "der Steuerzahler"

 
 
 
Hartz IV und der Steuerzahler –
Eine Anmerkung zur Klärung der vielen Irrtümer in der öffentlichen Diskussion
 
 
Öffentlichkeit und Politik haben ein grundsätzlich falsches Bild vom Wesen der Steuern und der „Steuerzahler“.

Wenn gefragt wird, warum man mir „aus Steuermitteln finanzierte Leistungen“ zu gewähren habe, wenn ich dies nicht zumindest mit einer Bemühung um eine Beschäftigung honoriere (Quelle der Frage angeben),  unterstellt man nicht nur, dass ich nicht arbeite (s.u.), sondern auch
- dass die „Erwerbstätigen“ „die Steuerzahler“ sind – und
- dass diese daher das Recht haben, vom „Transferempfänger“ etwas zu „verlangen".
Erstere, denkt man, füllen den Topf, den Letztere leeren und deshalb dürften erstere Bedingungen stellen.
 
Beides ist aber unzutreffend, was ich hier begründen möchte.
 
 
 
a) Der Kunde – nicht der Erwerbstätige (!) – ist in Wirklichkeit „der Steuerzahler“.
 
Die Erwerbstätigen sind nur vordergründig „die Steuerzahler“. Sie sind es aber nicht in der vollen Wirklichkeit! 
 
Schon bei der Mehrwertsteuer ist klar, dass diese nicht vom Erwerbstätigen sondern vom Konsumenten getragen wird.
 
Nicht anders verhält es sich aber mit den übrigen Steuern – und auch mit den Sozialabgaben!  Auch diese werden letztlich(!) vom Konsumenten getragen!
Denn alle im Produktions- und Arbeitsprozess anfallenden Steuern und Sozialabgaben werden letztlich in die Preise kalkuliert!
 
Man muss hier zwischen der Erstwahrnehmung eines Sachverhaltes und seiner vollen Wirklichkeit unterscheiden:
Selbstverständlich zahlt z.B. der Unternehmer / der Anbieter von Leistungen zunächst die fälligen Sozialabgaben und Steuern an die Sozialkassen und an den Staat. Sobald der Kunde ihm die Waren abkauft oder die von ihm angebotenen Leistungen in Anspruch nimmt und bezahlt, gibt der ihm aber das Geld für alle entstandenen Kosten – d.h. auch das Geld für sämtliche entrichteten Steuern und Sozialabgaben – zurück!
D.h.: Der Unternehmer / der Anbieter/Erbringer von Leistungen streckt das Geld an die Sozialkassen und das Finanzamt nur vorAm Ende zahlt (bzw.trägt“) alles der Kunde.
 
Dasselbe gilt auch für die „Beschäftigten“. Auch die für sie vom Arbeitgeber entrichteten Steuern und Sozialabgaben werden in die Preise kalkuliert. Auch ihre Steuern und Sozialabgaben trägt der Kunde.[1]
 
- Wenn jemand von uns ernsthaft sagen würde: „Ich brauche kein Atomkraftwerk – bei mir kommt der Strom aus der Steckdose“ – würden wir ihn auslachen, weil jeder von uns den Fehler daran sieht.
Bezüglich der Steuerzahler machen Politik und Öffentlichkeit aber genau denselben Fehler. [2]
 
 
b) Der Transferempfänger ist als Kunde selbst mit auf der Seite der Steuerzahler!
 
Nur wer den Erwerbstätigen für den Steuerzahler“ hält, kann im Sinne der eingangs gestellten Frage der Antragsgegnerin vom Transferempfänger die Erbringung besonderer Pflichten gegenüber dem Erwerbstätigen verlangen. 
 
Wenn der Erwerbstätige aber nicht der Steuerzahler“ ist, weil er die Steuerlast an den Kunden/Konsumenten weitergibt, fehlt dieser Argumentation der Boden.
 
Versucht man jetzt, eine solche „Pflicht“ des Transferempfängers wenigstens noch dem „wirklichen“ Steuerzahler, d.h. dem Konsumenten gegenüber zu postulieren, wird man ebenfalls scheitern. Denn der Transferempfänger ist als Kunde selbst mit auf der Seite der Steuerzahler!
 
So weit sie Konsumenten sind, sind vom hier zugrunde gelegten Gesichtpunkt alle Menschen gleich. Das wahre Spannungsfeld liegt nicht zwischen „Steuerzahler“ und „Transferempfänger“, sondern zwischen Leistungs-erbringer und Leistungs-empfänger (gemeint ist hier: der Konsument!).
Und wenn auch unser Steuer- und Sozialabgabensystem so gestaltet ist, dass zunächst ein anderer Anschein entsteht (man könnte es sehr viel einfacher gestalten) – so werden alle Steuern und Sozialabgaben am Ende doch von den Leistungsempfängern (= den Konsumenten) bezahlt.
 
 
c) Fazit:
 
Verhältnisse der Unfreiheit sind aus dem Verhältnis von Steuerzahler und Transferempfänger nicht zu begründen, weil beide auf der Seite der Steuerzahler sind Wenn man überhaupt von „schuldig sein2 oder Schuld sprechen möchte dann nur so, dass man sagt: Der Transferempfänger schuldet den anderen Mitgliedern genau so viel an Zuwendung und Mithilfe wie schlechterdings jeder freie Mensch jedem freien Menschen an Zuwendung und Mithilfe „schuldet“.
  

 
 

14 Kommentare:

  1. Das System Hartz - und wie weiter?
    Ein interessanter Vortrag von Prof. em. Dr. Helga Spindler
    www.youtube.com/watch?v=wTXnAkBvO4E

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  2. Wer wem was schuldet, ist in einer arbeitsteiligen Gesellschaft Maschine-sei-Dank nicht mehr zu ermitteln. Viel wichtiger ist, dass die Maschine in Schwung bleibt. Dazu ist es wichtig, Menschen stillzulegen, überflüssig zu machen, auszusortieren. Der Sozialstaat hat sich dabei als die billigste Variante herausgestellt (das wird China noch lernen müssen). Jeder, der sich bezahlt ruhigstellen läßt, dient der Kapitalvermehrung und der Maschine. Werden Die Überflüssigen nicht mehr bezahlt, wird das teuer. Als Beispiel sei der zu 13 Jahre Haft verurteilte Hammerattentäter genannt, der aufgrund einer Alg2-Kürzung kurzerhand zum Hammer griff. Statt 1000 Euro Alg2 (mit Verwaltung) bekommt er jetzt 80 pro Tag/2400 Euro pro Monat Knastmittel, was sich ungünstig auf die Kapitalvermehrung auswirkt. Wie auch jeder Kunde jetzt bestätigen kann, sind die Sicherheitsvorkehrungen in den Jobcentern verstärkt worden, was mit SICHERHEIT Millionen Spielgeld kostet.
    Kurz: Jeder hat sich Geld verdient - auch oder gerade weil er/sie NICHTS tut, denn das dient der Kapitalvermehrung oder der Maschine.

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    1. Der Witz ist ja der, der Hammerhartzer hat ein Bomben- Geschäft gemacht. er hat 13 jahre sanktionsfreies Leben. Ich würde vor Ablauf den Wächter erschlagen, weil dann gibs sicher 15 Jahre weiter knast, bloß kein Hartz.

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    2. Gut das,daß Beispiel mit den "Hammerattentäter" mal erwähnt wurde.
      Er wurde wegen eines Mordversuches also nicht vollendeten Mord zu 13 Jahren Haft! verurteilt.
      Angesichts der Tatsache das Mörder (ich spreche ausdrücklich von Mord nicht Totschlag oft
      ist das aber Auslegungssache wie die gerichte drauf sind) von Obdachlosen gerademal zu 5-8 Jahren
      bei vollendenten Mord verurteilt werden.
      Auch der mutmaßliche Mörder (für mich war das Mord) von Johnny K. wurde lediglich zu 4 1/2 Jahren
      verurteilt.
      Hier wurde aber eine (fast) getötet die als Helfer (um nicht Büttel schreiben zu müssen) dieses Staates
      die H4 Gesetze durchdrückt, da musste ein besonders hohes Strafmaß her, die Staatsanwaltschaft
      forderte sogar 20 Jahre (sic!) Haft, das haben nicht mal NS-Massenmörder bekommen!
      Hier hat man eindeutig ein Exempel statuiert, um Nachahmungstäter abzuschrecken.
      Nur wir wissen alle die Rechnung geht nicht auf selbst wenn man vor jedem Jobcenter Metalldedektoren
      aufstellt (womit wir auch dem Polizeistaat immer näher kommen) wird es Menschen geben die sich davon nicht beeindrucken lassen, dann richtet sich ebend die Gewalt nicht nur gegen den Sachbearbeiter sondern verstärkt gegen die Sicherheitsdienste und Bewachungspersonal notfalls
      wird sich ein zu allem Entschlossener Bürger den Weg freischießen.
      Das Beispiel hatten wir gerade in den USA wo in einem Flughafen ein "Schleusenwärter" erschossen wurde.

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  3. Zuerst einmal vielen Dank für Deine wertvollen Gedanken!

    Jedes Unternehmen muß seine vollen Lohn- und Gehaltskosten in seine Preise einkalkulieren; somit bezahlt der Konsument die Lohnsteuern und die Sozialabgaben der Beschäftigten.
    Der Beschäftigte kann diese Bezahlung seiner Steuern und Sozialversicherungsabgaben durch den Konsumenten als einen Teil seiner Entlohnung für seine individuelle Arbeitsleistung auffassen. In diesem Sinne bezahlt der Beschäftigte seine Steuern und Abgaben von seinem Lohn.

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    1. Schorsch der Storch16. November 2013 um 15:47

      Hallo Brigitte, kann er so auffassen, sicher, letztendlich bleibt es aber Illusion. Genau diese Illusion wird aber politisch und medial missbraucht. Der Steuerzahler, als der Gönner des Empfängers, der die Macht über diesen hat. Das ist nicht demokratisch. Wie pervers ist die Vorstellung eigentlich. Ich arbeite und zahle Steuern und Sozialabgaben. Ist das gerecht? Nö, der der meine Arbeitsleistung benutzt, der Konsument muss zahlen, und er tut es auch tutti kompletti, alles andere ist Illusion und Formalismus, also die Frage über welch komplizierten Weg die Gelder in die Kassen fließen. Aber letztendlich der Konsument ist und bleibt der Steuerzahler. Man kann das immer dann sehen, wenn der Konssument ausbleibt, dann ist fertig. Kein Zahler, keine Abgaben mehr. Die arbeitslose Schleckerfrau bleibt trotzdem Steuerzahlerin, sie bleibt Konsumentin und verlagert ihren Arbeitsschwerpunkt, ist also auch nicht arbeitslos, sie kümmert sich mehr um ihre kinder oder andere Menschen, pflanzt ihren garten um, an dem sich andere erfreuen, schreibt als Taubstumme 100 Bewerbungen ans Callcenter oder lässt sich zur Diplom Zündkerzenwechslerin an Dieselmotoren umschulen, alles Arbeit, nur der Sinn ist unterschiedlich. Im Prinzip gibts auch keine Arbeitslose. Aber es gibt konstruktive Arbeit und destruktive. Der Banker, der mit Nahrunsmitteln und Boden spekuliert schafft damit weltweites Elend, der Gentechniker, der unser täglich Brot verhunst, der Waffenbauer, alle diese werden als Erwerbstätige gepriesen. Sie zahlen aber weder Steuern, als Erwerbstätige, denn die zahlt der Brotesser oder Bauer, Terrorist etc, als Abnehmer, noch leisten sie was konstruktives, sie tragen im Gegenteil zur weltweiten Zerstörung bei. Der Callcentermitarbeiter, der Liessl Müller das Abo Bücher mit weißen Seiten verkauft, ist gefeiert, als fleißiger arbeiter, herr boes schafft gesellschaftliche Diskussion und damit Dynamik, wird dafür aber bestraft. Leute merkt ihr das da was nicht stimmt? Nö?
      Ok klar, der Storch bringt die Kinder, scheiß Name, aber bitte call me storch

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  4. Der Haarspalter ohne Gnade15. November 2013 um 16:48

    Hallo, Ralph, erstmal prima, sehr gut gemacht (wie Ich erwartet habe): Zwei Anregungen.
    1.) Wieviel Stunden hast du daran gearbeitet? Ich empfehle dir ein stundenprotokoll zu führen. Wieviel stunden, arbeitest du im Gemeinsinn? von wegen herr boes ist ein fauler schmarotzer. ich würde das veröffentlichen. ganz einfach: schreib auf was, wielange du gemacht hat. ein Heftchen mit stift kannt du auch auf reisen mitnehmen.
    2:) du sagst 50 Prozent hartz geht in den steuertopf bwz sozialtopf zurück: Stimmt nicht soo ganz, weil hartzer kaufen vor allem Lebensmittel und sonstige mehrwertteuer begünstigte dinge oder? sind das dann wirklich 50 Prozent? ich find das wichtig, weil es immer böse Kritiker geben kann, die nicht nur haarspalterisch wie ich sind, sondern auch böse sagen: der faule herr boes kann nicht rechnen.
    Dehalb Genauigkeit und stunden veröffentlchen, bitte.
    gruss der Haarspalter ohne Gnade

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    1. Ralph hat es ja in seinem Text erklärt: Unternehmen verkalkulieren sämtliche Kosten (also auch sämtliche Steuern an den Staat) in die Preise, und der Kunde bezahlt/trägt am Ende alles. Der Kunde bezahlt also nicht nur die MwSt. (7-19%), sondern auch die anderen Steuern, die in den Preisen stecken. Die Staatsquote (Prozentsatz der staatl. Steuern) in den Preisen ist ca. 50%. Deshalb bezahlt jeder Konsument beim Kaufen 50% Steuern, auch der Hartzer.

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    2. Ich stimme dem Haarspalter zu ... Man sollte den Hartzern einfach mehr Geld geben, dass sie auch höher besteuerte Dinge kaufen können - dann stimmt die Rechung! :-)

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  5. Eigenes Geld hat der ALG II Bezieher eigentlich nicht. Er bekommt etwas Geld, daß er verwalten kann. Miete, Strom, Essen und andere Fixkosten "fressen" das ALG II zu 100% wieder auf. Mir kann niemand weis machen, daß man von ALG II noch was sparen kann. Deshalb ist das Bedingungslose Grundeinkommen so wichtig. Erhält man dies, kann man sich zusätzlich etwas verdienen durch Arbeit und dann erst hat man eigenes Geld zur Verfügung.

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  6. MB...Oh das alte Märchen von den Steuern/Umsatz/Mehrwert usw.Genau die zahlen wir alle.Die Reichen/Industriellen,die sind doch nicht doof,die kalkulieren genau so,das die, die Steuer nicht zahlen müssen,halt nur Abführen.Das ist alles schon in den Produkten eingerechnet.Und dann der Irrglaube die Reichen zahlen ja schon genug Steuern.Wer`s glaubt.So ist der ganze Haufen aufgebaut ,Lug und Betrug.

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    1. Danke für diese sicher wichtige, aber noch etwas verwirrend und widersprüchlich vorgetragene Äußerung ... :-)

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  7. Hallo Ralph,ja manchmal schreibe ich schon etwas verwirrend,aber wenn es den Kern der Sache trifft,kann man schon mal etwas abschweifen.Wichtig ist die Dinge die falsch laufen und das sind soooo einige in Deutschland, diese immer im Auge zu behalten.Da könnte man sich auch mal fragen Ursache und Wirkung,warum die Dinge sich so entwickelt haben wie sie sind.Deine Arbeit ist natürlich für uns alle sehr wichtig und man spürt die Sache kommt langsam ins rollen.Man mus natürlich noch mehr Leute ins boot holen,vorallem die es selbst betrifft.Viele,selbst hartz 4 Bezieher wissen so wenig über Hartz 4, das es schon erschreckend ist.Gerade in Ländlicher Gegend,alte Leute und viele Jugendliche.Ich komme aus Sachsen-Anhalt,da gibt es noch genug Dörfer,die weitab vom Schuß sind.Deshalb ist es wichtig noch mehr zutun um die Leute zu erreichen.

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  8. Der Kunde ist der Steuerzahler ?

    Allein mit der Aussage zeigt der Autor, dass er selbst einfachste Zahlenzusammenhänger nicht versteht.
    Das soll jetzt keine Argumentationkette werden um Hartz4-Empfänger zu diskreditieren. Die Leistungen sind notwendig keine Frage.

    Vereinfachtes Rechenbeispiel:

    Hartz4-Empfänger erhält vom Staat pauschal 1000 €
    (Wohnung, Krankenvesicherung, Geld)
    Wieviel hat der Hartz4 -Empfänger dazu beigetragen ?

    1. Schritt Auszahlung, Gestellung Leistunge/ Waren

    Der Staat hat den Aufwand, da es aus Steuern bezahlt wird -1000 €

    2. Schritt Hartz 4 Empfänger konsumiert:
    Wohnung = Ust-frei
    Arzt = USt-frei
    Schätzung 500€ sind USt belastet,
    sagen wir jetzt zugunsten 19%
    500 : 119 *19 = +80,00 €
    Tabaksteuer und Mineralsölsteuer , pauschal +50,00 €


    Verlust für den Staat auf Ebene Empfänger -870,00 €

    Trotz Konsum bleibt der Hartz4 Empfänger eine Verlustgeschäft.
    Und wenn der Staat nicht vorher das Geld locker machen würde, könnte der Hartz 4 Empfänger diese Steuern gar nicht erzeugen.

    Staaten können sich diesen "Luxus" leisten, wenn sie Wettbewerbsfähig sind und sich am Weltmarkt behaupten können. Es sind allein unsere Naturwissenschaftler, Techniker, Unternehmer die diesen Mehrwert erschaffen, aus dem das Geld stammt.










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