Hartz IV und der Steuerzahler –
Eine Anmerkung zur Klärung der vielen Irrtümer in der öffentlichen Diskussion
Öffentlichkeit und Politik haben ein grundsätzlich falsches Bild vom Wesen der Steuern und der „Steuerzahler“.
Wenn gefragt wird, warum man mir „aus Steuermitteln finanzierte Leistungen“ zu gewähren habe, wenn ich dies nicht zumindest mit einer Bemühung um eine Beschäftigung honoriere (Quelle der Frage angeben), unterstellt man nicht nur, dass ich nicht arbeite (s.u.), sondern auch
- dass die „Erwerbstätigen“ „die Steuerzahler“ sind – und
- dass diese daher das Recht haben, vom „Transferempfänger“ etwas zu „verlangen".
Erstere, denkt man, füllen den Topf, den Letztere leeren und deshalb dürften erstere Bedingungen stellen.
Beides ist aber unzutreffend, was ich hier begründen möchte.
a) Der Kunde – nicht der Erwerbstätige (!) – ist in Wirklichkeit „der Steuerzahler“.
Die Erwerbstätigen sind nur vordergründig „die Steuerzahler“. Sie sind es aber nicht in der vollen Wirklichkeit!
Schon bei der Mehrwertsteuer ist klar, dass diese nicht vom Erwerbstätigen sondern vom Konsumenten getragen wird.
Nicht anders verhält es sich aber mit den übrigen Steuern – und auch mit den Sozialabgaben! Auch diese werden letztlich(!) vom Konsumenten getragen!
Denn alle im Produktions- und Arbeitsprozess anfallenden Steuern und Sozialabgaben werden letztlich in die Preise kalkuliert!
Man muss hier zwischen der Erstwahrnehmung eines Sachverhaltes und seiner vollen Wirklichkeit unterscheiden:
Selbstverständlich zahlt z.B. der Unternehmer / der Anbieter von Leistungen zunächst die fälligen Sozialabgaben und Steuern an die Sozialkassen und an den Staat. Sobald der Kunde ihm die Waren abkauft oder die von ihm angebotenen Leistungen in Anspruch nimmt und bezahlt, gibt der ihm aber das Geld für alle entstandenen Kosten – d.h. auch das Geld für sämtliche entrichteten Steuern und Sozialabgaben – zurück!
D.h.: Der Unternehmer / der Anbieter/Erbringer von Leistungen streckt das Geld an die Sozialkassen und das Finanzamt nur vor. Am Ende zahlt (bzw. „trägt“) alles der Kunde.
Dasselbe gilt auch für die „Beschäftigten“. Auch die für sie vom Arbeitgeber entrichteten Steuern und Sozialabgaben werden in die Preise kalkuliert. Auch ihre Steuern und Sozialabgaben trägt der Kunde.[1]
- Wenn jemand von uns ernsthaft sagen würde: „Ich brauche kein Atomkraftwerk – bei mir kommt der Strom aus der Steckdose“ – würden wir ihn auslachen, weil jeder von uns den Fehler daran sieht.
Bezüglich der Steuerzahler machen Politik und Öffentlichkeit aber genau denselben Fehler. [2]
b) Der Transferempfänger ist als Kunde selbst mit auf der Seite der Steuerzahler!
Nur wer den Erwerbstätigen für „den Steuerzahler“ hält, kann im Sinne der eingangs gestellten Frage der Antragsgegnerin vom Transferempfänger die Erbringung besonderer Pflichten gegenüber dem Erwerbstätigen verlangen.
Wenn der Erwerbstätige aber nicht „der Steuerzahler“ ist, weil er die Steuerlast an den Kunden/Konsumenten weitergibt, fehlt dieser Argumentation der Boden.
Versucht man jetzt, eine solche „Pflicht“ des Transferempfängers wenigstens noch dem „wirklichen“ Steuerzahler, d.h. dem Konsumenten gegenüber zu postulieren, wird man ebenfalls scheitern. Denn der Transferempfänger ist als Kunde selbst mit auf der Seite der Steuerzahler!
So weit sie Konsumenten sind, sind vom hier zugrunde gelegten Gesichtpunkt alle Menschen gleich. Das wahre Spannungsfeld liegt nicht zwischen „Steuerzahler“ und „Transferempfänger“, sondern zwischen Leistungs-erbringer und Leistungs-empfänger (gemeint ist hier: der Konsument!).
Und wenn auch unser Steuer- und Sozialabgabensystem so gestaltet ist, dass zunächst ein anderer Anschein entsteht (man könnte es sehr viel einfacher gestalten) – so werden alle Steuern und Sozialabgaben am Ende doch von den Leistungsempfängern (= den Konsumenten) bezahlt.
c) Fazit:
Verhältnisse der Unfreiheit sind aus dem Verhältnis von Steuerzahler und Transferempfänger nicht zu begründen, weil beide auf der Seite der Steuerzahler sind Wenn man überhaupt von „schuldig sein2 oder Schuld sprechen möchte dann nur so, dass man sagt: Der Transferempfänger schuldet den anderen Mitgliedern genau so viel an Zuwendung und Mithilfe wie schlechterdings jeder freie Mensch jedem freien Menschen an Zuwendung und Mithilfe „schuldet“.